Für Kleine – vorzulesen von Großen

Sie war 7 Jahre alt und kam aus einem fernen Land in Afrika, aus Somalia, zu uns in den Kindergarten. Mit ihren Eltern und ihren Brüdern hatte sie eine sehr weite Reise gemacht, bis sie zu uns nach Deutschland kam.

Hier kannte sie niemanden und sie verstand auch unsere Sprache nicht. Das war für das kleine Mädchen sehr schwierig, denn wie soll man sagen, was man möchte, wenn man die richtigen Worte nicht kennt? Wie soll man in der Schule lernen, wenn man nichts versteht?

So kam das Mädchen in die Kindergartengruppe und die ersten Tage verbrachten wir hauptsächlich damit, uns anzulächeln, denn diese „Sprache“ verstehen alle Menschen auf der ganzen Welt: Anlächeln heißt sich freuen und dass man lieb ist. Welches Zeichen man bei JA und NEIN gibt, das kennen auch alle, man nickt oder schüttelt den Kopf.

Dann gibt es noch die Sprache mit dem ganzen Körper, man fasst jemanden an den Händen und führt ihn, man streichelt oder hebt abwehrend die Hand, das kennt ihr alle. So haben wir die ersten Tage mit dem neuen Kind in unserer Gruppe verbracht. Aber wie kann man dem Papa des Mädchens erklären, was man im Kindergarten so alles braucht: Hausschuhe, Turnsachen, eine Vespertasche, denn auch der Papa konnte damals nur wenige Worte unserer Sprache verstehen und sprechen. Da haben wir es auch mit Lächeln und Kopfnicken versucht.

Die Mama des Mädchens war auf der langen Reise von Afrika nach Deutschland verloren gegangen und wohnte weit weg in einer anderen Stadt. Da war das kleine Mädchen sicher oft traurig, ohne Sprache und ohne Mama.

Alle haben sich große Mühe gegeben und dem kleinen Mädchen und dem Papa geholfen und mit der Zeit konnten wir uns immer besser verständigen – das war schön!

Das afrikanische Mädchen hat uns alle stets genau beobachtet und konnte vieles ganz ohne Worte erledigen, so hat sie schnell gemerkt, dass das schmutzige Essensgeschirr in die Spülmaschine kommt und hat dies dann ganz flink und geschickt erledigt. So hat sie täglich von uns allen gelernt und es wurde nur dann schwierig, wenn sie z.B. traurig war und uns nicht erklären konnte, warum. Das könnt ihr sicher gut verstehen, denn über unsere Gefühle zu sprechen fällt uns auch oft schwer, obwohl wir die deutsche Sprache sprechen können.

Inzwischen geht das Mädchen aus Somalia in die Schule und die Mama ist auch bei ihrer Familie angekommen.

Trotzdem brauchen alle Menschen, die sich irgendwo nicht auskennen und fremd sind, die Hilfe von all den anderen Menschen, die sich auskennen. Das haben alle Kinder, die schon mal umgezogen sind oder neu in den Kindergarten kamen, gemerkt, wie schön es ist, wenn man angelächelt wird und einem jemand hilft.

Helfen und lächeln, das können auch schon ganz kleine Kinder, probiert es mal aus!